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Kastanie mal anders

Die Erotik der Kastanie

Die Hüllen fallen nicht gleich. Denn die Verführung geschieht durch die Nase. Mächtige Duftbotschaften erschleichen sich ihren Weg ins Hirn und wirken dort erotisierend. Gilt die Frucht der Edelkastanie heute als Gesundheitselixier, so war einst die Wirkung ihrer Blüten hinter vorgehaltener Hand gefragt.

„Diese Nuss, gebraten und gewürzt mit Salz und Pfeffer“ wurde bereits im Mittelalter als Aphrodisiakum gepriesen. Eingesetzt wurde das stimulierende Nahrungsmittel zur Belebung der Libido und zur Steigerung der Potenz. Soviel verrät uns zumindest die deutsche Enzyklopädie der Volksmedizin um 1840. Viel subtiler wirke aber der betörende Duftzauber von Kastanienblüten, meinte ein gewisser Dr. Albert Hagen um 1901. In diesem Jahr erschien sein Buch „Die sexuelle Osphresiologie: Die Beziehungen des Geruchssinnes und der Gerüche zur menschlichen Geschlechtsthätigkeit“. Darin hält er nach akribischen Quellenstudien interessante Beobachtungen fest. Zum Beispiel, dass Pheromone – Duftstoffe mit hormonähnlicher Wirkung – die Partnerwahl und das Sexualverhalten beeinflussen. Es wundert nicht, dass der Autor dieser für damalige Verhältnisse recht unbefangenen Abhandlung sexueller Praktiken unter einem Pseudonym veröffentlichte. Hinter Dr. Hagen verbarg sich der Oldenburger Hautarzt und Spezialist für Sexualleiden, Iwan Bloch. Heute liegt der Schleier des Unzeitgemäßen über ihm, doch Bloch war in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein Pionier der Sexualforschung.
Dass das limbische System empfindlich auf Duftreize reagiert, und zwar ohne Zensur durch das Großhirn, das macht sich immerhin die moderne Aromatherapie zugute, nicht nur im sexuellen Bereich.
„Die Kastanie ist ihrer Natur nach sehr warm, hat eine große Kraft in sich und bezeichnet die Weisheit.“

Altes Gesundheitswissen neu interpretiert

„Die Kastanie ist ihrer Natur nach sehr warm, hat eine große Kraft in sich und bezeichnet die Weisheit.“ Diese Zeilen hat die Universalgelehrte Hildegard von Bingen im 12. Jahrhundert notiert. Dem Erfahrungsschatz der weisen Nonne nach ist die Frucht der Kastanie ein basisches Heilmittel, das sowohl bei geistig-seelischen als auch bei Herz-Nervenbeschwerden entgiftend eingesetzt werden soll. Aus diesem etwas vergilbten Wissen um die Anwendungsmöglichkeiten des Multitalents Kastanie schöpft man heute im Eisacktal.
Es war in den 1980er Jahren, als ganze Kastanienhaine aufgrund von Krankheitsbefall vom Aussterben bedroht waren. Damals besann man sich hier ihrer Bedeutung und pflegte sie wieder gesund. Um den Erhalt der Kastanienkultur hat sich unter anderem besonders die Familie Tauber im Kastaniendorf Feldthurns bemüht. Die tiefe Verwurzelung des Ortes und des gesamten Eisacktales mit der Kastanie unterstreicht auch die Tatsache, dass das „braune Gold“ über viele Jahrzehnte hinweg ein wichtiges Grundnahrungsmittel in der Region war und als Brot der Armen galt.
aus: VIAE - Gästemagazine
Jahr der Veröffentlichung: 2017
Text: Anita Rossi
Frühling